Es mag kurios klingen, aber Testamente müssen nicht zwingend in förmlicher Weise vor einem Notar errichtet werden. Auch ein handschriftliches Testament ist rechtswirksam, sofern bestimmte Mindestanforderungen erfüllt werden. Ein aktueller Fall des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg zeigt auf eindrucksvolle Weise, dass die Anforderungen an die äußere Form eines Testaments äußerst gering sind – sogar ein Notizzettel einer Brauerei kann ausreichen.

Der Fall: Ein Testament auf einem Notizzettel der Brauerei

Im konkreten Fall legte die langjährige Partnerin eines Verstorbenen den Angehörigen des Erblassers ein handschriftliches Testament vor, das auf einem einfachen Notizzettel der Brauerei verfasst war. Auf diesem Notizzettel – der im Gastraum hinter der Theke des gemeinsamen Lokals des Paares gefunden wurde – stand lediglich: „DD kriegt alles A 04.12.22“. Die Buchstaben „DD“ standen dabei als Kosename für die Lebensgefährtin D., während „A“ die Unterschrift des Erblassers darstellte, wenn auch kaum leserlich.

Obwohl der Ort der Aufbewahrung und die knappe Formulierung zunächst ungewöhnlich erscheinen mögen, erkannte das OLG Oldenburg die Wirksamkeit dieses Testaments an (OLG, Beschluss vom 20. Dezember 2023 – 3 W 96/23). Das Gericht sah sowohl den erforderlichen Testierwillen des Erblassers als auch die Einhaltung der formellen Anforderungen eines Testaments gegeben.

Welche formellen Anforderungen gibt es an ein Testament?

Ein Testament kann grundsätzlich handschriftlich oder notariell errichtet werden. Bei einem handschriftlichen Testament müssen jedoch folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

1.  Handschriftlichkeit: Das gesamte Testament muss eigenhändig, also vollständig mit der Hand geschrieben sein (§ 2247 Abs. 1 BGB).
2.  Unterschrift: Das Testament muss am Ende mit vollem Namen oder einem hinreichend individuellen Kürzel unterschrieben sein. Es genügt, wenn aus der Unterschrift die Identität des Erblassers hervorgeht.
3.  Testierwille: Der Erblasser muss mit dem Testament klar zum Ausdruck bringen, dass er eine letztwillige Verfügung treffen möchte. Dieser Wille kann sich sowohl aus dem Inhalt des Testaments als auch aus den Umständen ergeben, unter denen es errichtet wurde.

Im vorliegenden Fall wurde der Testierwille des Verstorbenen dadurch belegt, dass der Zettel bewusst an einem Ort aufbewahrt wurde, an dem der Erblasser wichtige Schriftstücke wie unbezahlte Rechnungen („Deckel“) verwahrte. Zudem stammte der Zettel aus einer Situation, die eine gewisse Ernsthaftigkeit vermuten ließ – nämlich bei einem gemeinsamen Teetrinken, was laut Gericht keine bloße spontane Handlung war.

Was hätte noch problematisch sein können?

Die Entscheidung des OLG Oldenburg zeigt, dass selbst ungewöhnliche Umstände und schlichte Formulierungen keine Hürden für die Wirksamkeit eines Testaments darstellen. Eine interessante Frage wäre jedoch gewesen, ob sich die knappe Formulierung „DD kriegt alles“ vielleicht nur auf die in demselben Papierstapel gesammelten Forderungen gegen nicht zahlende Gäste hätte beziehen können. In diesem Fall wäre die Verfügung nicht als Erbeinsetzung zu deuten gewesen, sondern als bloßes Vermächtnis. Das Gericht entschied jedoch zugunsten der Lebensgefährtin und erkannte eine umfassende Erbeinsetzung an.

Zweckmäßige Formulierungen zur Vermeidung von Streitigkeiten

Obwohl dieser Fall zeigt, dass ein Testament auf einem einfachen Zettel ausreichen kann, um den letzten Willen wirksam zu regeln, sollte dies keinesfalls als Empfehlung für die Praxis verstanden werden. Im Gegenteil: Eine unklare oder missverständliche Formulierung kann schnell zu Erbstreitigkeiten führen, die die Umsetzung des letzten Willens des Erblassers gefährden.

Daher sollten in einem Testament nicht nur die formellen Anforderungen erfüllt werden, sondern auch klare und eindeutige Formulierungen gewählt werden. Folgende Aspekte sollten dabei beachtet werden:

•   Klare Erbeinsetzung: Die Formulierung „XY erbt alles“ ist eindeutig. Wenn mehrere Personen bedacht werden sollen, sollte genau festgelegt werden, wer was erhält.
•   Vermächtnisse: Wenn bestimmten Personen nur einzelne Gegenstände oder Geldbeträge zugewendet werden sollen, sollte dies klar als Vermächtnis formuliert werden.
•   Ersatzerben: Es ist ratsam, auch Ersatzerben zu benennen, falls der ursprünglich vorgesehene Erbe vor dem Erblasser verstirbt oder das Erbe ausschlägt.

Fazit: Ein Testament sollte mehr als nur die Mindestanforderungen erfüllen

Obwohl der Fall des „Testaments auf dem Notizzettel“ zeigt, dass die formellen Anforderungen an ein Testament niedrig sind, sollte im eigenen Interesse darauf geachtet werden, ein Testament rechtssicher und vor allem klar verständlich zu formulieren. Streitigkeiten unter den Erben lassen sich so vermeiden. Ein Rechtsanwalt mit Schwerpunkt im Erbrecht kann hierbei wertvolle Unterstützung leisten.

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